Im beruflichen Umgang mit psychischen Erkrankungen stehen Führungskräfte oft vor anspruchsvollen Situationen, in denen sie ein ausgewogenes Verhältnis zwischen den Bedürfnissen des Unternehmens und der Fürsorgepflicht für ihre Mitarbeiter finden müssen.
Viele Personen, die unter psychischen Erkrankungen leiden, fürchten, dass ihr Arbeitgeber von ihrer Krankheit erfährt. Insbesondere bei längeren Ausfällen befürchten sie, dass ihr Vorgesetzter den Grund für ihr Fehlen herausfindet. Diese Sorge ist jedoch unbegründet, insbesondere im Hinblick auf eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung.
Bei Vorliegen einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) erhält die Krankenkasse vom Arzt einen Code, der die Art der Krankheit offenlegt. Dieser Code, bekannt als ICD-10 Code, bietet eine standardisierte Klassifikation für medizinische Diagnosen, festgelegt von der Weltgesundheitsorganisation. Jedoch wird dieser Code bei der elektronischen Übermittlung der AU an den Arbeitgeber, nicht mitgesendet. Somit erhält der Vorgesetzte keine Informationen darüber, warum ein Mitarbeiter krankgeschrieben ist. Selbst wenn ein Beschäftigter nach sechs Wochen Krankengeld bezieht, informiert die Krankenkasse den Arbeitgeber lediglich über das Ende der Entgeltfortzahlung, ohne Einzelheiten über die Krankheit weiterzugeben.
Auch bei wiederholtem Fehlen an einzelnen Tagen greift das Krankengeld. Das trifft zu, wenn Mitarbeiter aufgrund derselben Erkrankung innerhalb von zwölf Monaten immer wieder ausfallen. In solchen Situationen wird Krankengeld ab dem 42. Kalendertag, also ebenfalls nach sechs Wochen, an allen Tagen der Arbeitsunfähigkeit gezahlt, während an den arbeitsfähigen Tagen das reguläre Gehalt ausgezahlt wird.
Der Angestellte muss vorerst keine Konsequenzen vonseiten der Krankenkasse befürchten. Der Anspruch auf Krankengeld erstreckt sich über drei Jahre und beträgt insgesamt bis zu 78 Wochen. Eine andere Erkrankung verlängert diesen Zeitraum nicht.
Wenn der Arbeitgeber Zweifel daran hat, dass sein Mitarbeiter tatsächlich nur an einzelnen Tagen krank ist, kann er sein Überprüfungsrecht nutzen. Der medizinische Dienst der Krankenkasse ermöglicht dem Arbeitgeber eine erneute, vermeintlich neutrale Bewertung durch einen anderen Arzt. Allerdings wird auch dieser lediglich die vorherige Entscheidung überprüfen, ohne Informationen über die Art der Erkrankung preiszugeben.
Bei wiederholten mehrtägigen Ausfällen eines Mitarbeiters kann der Vorgesetzte die gesetzliche Regelung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) nach dem dritten Tag anpassen. Wenn der Arbeitgeber dies verlangt, muss bereits am ersten Tag eine AU vorgelegt werden. Diese Entscheidung muss nicht vom Betriebsrat für einzelne Personen mitbestimmt werden, und der Angestellte muss seiner Vorlagepflicht nachkommen. Ein Vetorecht besteht an dieser Stelle nicht.
Es ist wichtig zu betonen, dass im Falle einer Krankheit des Arbeitnehmers kein Urlaub vorliegt. Das vertrauensvolle Verhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber spielt bei der Frage nach dem angemessenen Umgang mit kurzfristig eingereichten Urlaubsanträgen eine entscheidende Rolle. Obwohl das Verständnis des Chefs lobenswert ist, führt es zu einer rechtlich falschen Entscheidung.
Wenn der Arbeitgeber Kenntnis darüber hat, dass an einem Tag, an dem eine Arbeitsunfähigkeit vorliegt, Urlaub genommen wird, um die Krankmeldung zu umgehen, kann der Urlaubsantrag nicht bewilligt werden. Rechtlich betrachtet ist in einer solchen Situation die Voraussetzung für die Genehmigung des Urlaubs nicht erfüllt, da kein Erholungswert gegeben ist. In diesem Fall würde der Vorgesetzte seine Fürsorgepflicht verletzen.
Wenn der Urlaub jedoch ordnungsgemäß und rechtzeitig beantragt wird, hat der Vorgesetzte keinen Einfluss auf die Entscheidung. Auch im Hinblick auf die Fürsorgepflicht ist zu empfehlen, das Gespräch mit der Arbeitskraft zu suchen und zu erläutern, dass der korrekte Weg an Tagen der Arbeitsunfähigkeit, auch während des Urlaubs, die Krankmeldung ist.
Im Endeffekt profitieren sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer von klaren Absprachen bezüglich des Urlaubs. Dies führt zu einem geringeren Druck im Büro und fördert ein positives Arbeitsumfeld.